Kenneth Branagh ist zurück! Dieses Mal nimmt er sich statt Shakespeare einen anderen britischen Klassiker vor: Agatha Christies Mord im Orient Express. Als Detektiv Hercule Poirot löst Branagh den wohl spektakulärsten Fall der Krimiautorin.
Handlung:
Hercule Poirot (Kenneth Branagh) landet im Orient Express, da er für einen neuen Fall von Istanbul nach London reisen muss. Der belgische Meisterdetektiv stellt fest, dass sich an Bord des ausgebuchten Zuges äußerst interessante Passagiere tummeln: Er trifft auf den Geschäftsmann Edward Ratchett (Johnny Depp) und dessen Assistenten Hector MacQueen (Josh Gad), die Prinzessin Dragomiroff (Judi Dench) mit ihrer Zofe Hildegard Schmidt (Olivia Colman), die Witwe Caroline Hubbard (Michelle Pfeiffer), Professor Hartmann (Willem Dafoe), die Missionarin Pilar Estravados (Penélope Cruz), den Arzt Dr. Arbuthnot (Leslie Odom Jr.), den Autohändler Marquez (Manuel Garcia-Rulfo), die Gouvernante Mary Debenham (Daisy Ridley) sowie den Grafen Andrenyi (Sergei Polunin) und seine Frau Elena (Lucy Boynton). Als der Zug plötzlich durch eine Schneelawine gestoppt wird, macht Poirot eine Entdeckung: Ein Passagier wurde brutal ermordet. Abgeschnitten von der Außenwelt muss Poirot den Fall lösen, bevor der Mörder noch einmal zuschlägt…
Der Klassiker bleibt klassisch
Mord im Orient Express von Agatha Christie ist eine der bekanntesten Kriminalgeschichten überhaupt, die bereits mehrfach adaptiert wurde. Sidney Lumets Inszenierung des Werks von 1974 wurde in sechs Kategorien für den Oscar nominiert. Ingrid Bergmann gewann den Award für die ‘beste weibliche Nebenrolle’.
Kenneth Branagh übernimmt neben der Hauptrolle auch die Regie. Seine Verfilmung könnte bei den nächsten Academy Awards ebenso erfolgreich sein wie seinerzeit Lumets. Denn Branaghs Version des Krimiklassikers ist mehr als sehenswert — und das hat viele Gründe. Der britische Filmemacher hat auf alles geachtet und es zu einem opulenten Kunstwerk zusammengeführt.
Der Look des Films ist in jeder Hinsicht gelungen: Die beeindruckenden und detailverliebten Kostüme und Sets ziehen den Zuschauer augenblicklich in die Atmosphäre der 1930er Jahre. Das Herzstück ist ohne Frage der Hauptschauplatz — der Zug. Diesen setzt Kameramann Haris Zambarloukos fantastisch in Szene. So kann der Zuschauer sich auf langsame, elegante Kamerafahrten aus der Außensicht der Waggons oder Aufnahmen aus der Vogelperspektive freuen. Durch diese raffinierten Mittel erhält der Film den Anmut des klassischen Kinos. Kontrastiert wird das Ganze mit eindrucksvollen Special Effects, die die Optik des Films abrunden.
Auch inhaltlich bleibt Branaghs Variante klassisch. Der Film hält sich eng an die berühmte Vorlage, wobei Drehbuchautor Michael Green (“Blade Runner 2049″) früher Indizien zur Auflösung streut als es Lumet getan hat. So ist es einem gewieftem Kinogänger, der den Plot nicht bereits kennt, eventuell unnötig früh möglich eins und eins zusammenzuzählen. Allerdings beschäftigt sich diese Version im Gegenzug mehr mit seiner Haupt- und den interessanten Nebenfiguren. Branagh setzt alles daran seinen dreizehn Verdächtigen den nötigen Raum zu geben und sie dem Zuschauer näher zu bringen.
Mord im Orient Express verfügt über ein hochkarätiges Star-Ensemble. Kenneth Branagh spielt den pedantischen, launischen aber ebenso brillianten Detektiv mit einer Menge Herzblut und einer guten Portion Humor. Außerdem schafft er es (in der englischen Originalfassung) den französichen bzw. belgischen Akzent authentisch nachzuahmen, ohne dass es überspitzt oder lachhaft wirkt. Neben Branagh überzeugen auch seine Kollegen mit erstklassigen Darbietungen. Besonders hervorzuheben sind vor allem Michelle Pfeiffer als temperamentvolle Witwe und Josh Gad als leicht depressiver Sekretär mit einem Alkoholproblem. Neben dem prachtvollem Look sind die Darsteller ein weiteres Attribut dieses Films, denn sie spielen sich allesamt die Seele aus dem Leib.
Fazit:
Mord im Orient Express schafft es den Kultkrimi im Stil des klassischen Erzählkinos umzusetzen. Die nostalgischen Elemente, beginnend bei den Kostümen, Sets und der Kamera-Arbeit versetzen den Zuschauer in die 1930er Jahre. Trotzdem schafft es Branagh mit punktuell hervorragend eingebrachten CGI-Elementen eine Brücke zum heutigen Blockbuster-Kino zu schlagen, so dass dieser Film sowohl für ein klassisch-orientiertes, als auch für ein junges Publikum geeignet ist.
Kinobesucher, die den Stoff bereits kennen, werden hier keine Überraschung erleben — die Story ist unverändert. Neulinge werden von den zahlreichen Twists, auch wenn recht früh Hinweise gestreut werden, verblüfft sein. Außerdem legt der Film den Blickwinkel auch auf seine Figuren, die sich in treffsicheren Dialogen entfalten können. Die Neuverfilmung des Krimiklassikers überzeugt mit ausgezeichneten Schauspielern, optischer Opulenz, viel Liebe zum Detail und jeder menge Spannung.
Mord im Orient Express startet am 9. November in den deutschen Kinos!