Film­kri­tik: Mord im Ori­ent Express

Ken­neth Bra­nagh ist zurück! Die­ses Mal nimmt er sich statt Shake­speare einen ande­ren bri­ti­schen Klas­si­ker vor: Aga­tha Christies Mord im Ori­ent Express. Als Detek­tiv Her­cu­le Poi­rot löst Bra­nagh den wohl spek­ta­ku­lärs­ten Fall der Krimiautorin.

Wer ist der Mör­der?
© 2017 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Hand­lung:

Her­cu­le Poi­rot (Ken­neth Bra­nagh) lan­det im Ori­ent Express, da er für einen neu­en Fall von Istan­bul nach Lon­don rei­sen muss. Der bel­gi­sche Meis­ter­de­tek­tiv stellt fest, dass sich an Bord des aus­ge­buch­ten Zuges äußerst inter­es­san­te Pas­sa­gie­re tum­meln: Er trifft auf den Geschäfts­mann Edward Rat­chett (John­ny Depp) und des­sen Assis­ten­ten Hec­tor Mac­Queen (Josh Gad), die Prin­zes­sin Dra­go­miroff (Judi Dench) mit ihrer Zofe Hil­de­gard Schmidt (Oli­via Col­man), die Wit­we Caro­li­ne Hub­bard (Michel­le Pfeif­fer), Pro­fes­sor Hart­mann (Wil­lem Dafoe), die Mis­sio­na­rin Pilar Estra­va­dos (Pené­lo­pe Cruz), den Arzt Dr. Arbuth­not (Les­lie Odom Jr.), den Auto­händ­ler Mar­quez (Manu­el Garcia-Rulfo), die Gou­ver­nan­te Mary Deben­ham (Dai­sy Rid­ley) sowie den Gra­fen And­re­nyi (Ser­gei Pol­unin) und sei­ne Frau Ele­na (Lucy Boyn­ton). Als der Zug plötz­lich durch eine Schnee­la­wi­ne gestoppt wird, macht Poi­rot eine Ent­de­ckung: Ein Pas­sa­gier wur­de bru­tal ermor­det. Abge­schnit­ten von der Außen­welt muss Poi­rot den Fall lösen, bevor der Mör­der noch ein­mal zuschlägt…

Der Klas­si­ker bleibt klassisch

Mord im Ori­ent Express von Aga­tha Chris­tie ist eine der bekann­tes­ten Kri­mi­nal­ge­schich­ten über­haupt, die bereits mehr­fach adap­tiert wur­de. Sid­ney Lumets Insze­nie­rung des Werks von 1974 wur­de in sechs Kate­go­rien für den Oscar nomi­niert. Ingrid Berg­mann gewann den Award für die ‘bes­te weib­li­che Nebenrolle’.

Ken­neth Bra­nagh über­nimmt neben der Haupt­rol­le auch die Regie. Sei­ne Ver­fil­mung könn­te bei den nächs­ten Aca­de­my Awards eben­so erfolg­reich sein wie sei­ner­zeit Lumets. Denn Bra­naghs Ver­si­on des Kri­mi­klas­si­kers ist mehr als sehens­wert — und das hat vie­le Grün­de. Der bri­ti­sche Fil­me­ma­cher hat auf alles geach­tet und es zu einem opu­len­ten Kunst­werk zusammengeführt.

© 2017 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Der Look des Films ist in jeder Hin­sicht gelun­gen: Die beein­dru­cken­den und detail­ver­lieb­ten Kos­tü­me und Sets zie­hen den Zuschau­er augen­blick­lich in die Atmo­sphä­re der 1930er Jah­re. Das Herz­stück ist ohne Fra­ge der Haupt­schau­platz — der Zug. Die­sen setzt Kame­ra­mann Haris Zam­bar­lou­kos fan­tas­tisch in Sze­ne. So kann der Zuschau­er sich auf lang­sa­me, ele­gan­te Kame­ra­fahr­ten aus der Außen­sicht der Wag­gons oder Auf­nah­men aus der Vogel­per­spek­ti­ve freu­en. Durch die­se raf­fi­nier­ten Mit­tel erhält der Film den Anmut des klas­si­schen Kinos. Kon­tras­tiert wird das Gan­ze mit ein­drucks­vol­len Spe­cial Effects, die die Optik des Films abrunden.

© 2017 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Auch inhalt­lich bleibt Bra­naghs Vari­an­te klas­sisch. Der Film hält sich eng an die berühm­te Vor­la­ge, wobei Dreh­buch­au­tor Micha­el Green (“Bla­de Run­ner 2049″) frü­her Indi­zi­en zur Auf­lö­sung streut als es Lumet getan hat. So ist es einem gewief­tem Kino­gän­ger, der den Plot nicht bereits kennt, even­tu­ell unnö­tig früh mög­lich eins und eins zusam­men­zu­zäh­len. Aller­dings beschäf­tigt sich die­se Ver­si­on im Gegen­zug mehr mit sei­ner Haupt- und den inter­es­san­ten Neben­fi­gu­ren. Bra­nagh setzt alles dar­an sei­nen drei­zehn Ver­däch­ti­gen den nöti­gen Raum zu geben und sie dem Zuschau­er näher zu bringen. 

Ein klei­ner Vor­ge­schmack auf die meis­ter­haf­te Kamera-Arbeit.
© 2017 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Mord im Ori­ent Express ver­fügt über ein hoch­ka­rä­ti­ges Star-Ensemble. Ken­neth Bra­nagh spielt den pedan­ti­schen, lau­ni­schen aber eben­so bril­li­an­ten Detek­tiv mit einer Men­ge Herz­blut und einer guten Por­ti­on Humor. Außer­dem schafft er es (in der eng­li­schen Ori­gi­nal­fas­sung) den fran­zö­si­chen bzw. bel­gi­schen Akzent authen­tisch nach­zu­ah­men, ohne dass es über­spitzt oder lach­haft wirkt. Neben Bra­nagh über­zeu­gen auch sei­ne Kol­le­gen mit erst­klas­si­gen Dar­bie­tun­gen. Beson­ders her­vor­zu­he­ben sind vor allem Michel­le Pfeif­fer als tem­pe­ra­ment­vol­le Wit­we und Josh Gad als leicht depres­si­ver Sekre­tär mit einem Alko­hol­pro­blem. Neben dem pracht­vol­lem Look sind die Dar­stel­ler ein wei­te­res Attri­but die­ses Films, denn sie spie­len sich alle­samt die See­le aus dem Leib.

© 2017 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Fazit:

Mord im Ori­ent Express schafft es den Kult­kri­mi im Stil des klas­si­schen Erzähl­ki­nos umzu­set­zen. Die nost­al­gi­schen Ele­men­te, begin­nend bei den Kos­tü­men, Sets und der Kamera-Arbeit ver­set­zen den Zuschau­er in die 1930er Jah­re. Trotz­dem schafft es Bra­nagh mit punk­tu­ell her­vor­ra­gend ein­ge­brach­ten CGI-Elementen eine Brü­cke zum heu­ti­gen Blockbuster-Kino zu schla­gen, so dass die­ser Film sowohl für ein klassisch-orientiertes, als auch für ein jun­ges Publi­kum geeig­net ist. 

Kino­be­su­cher, die den Stoff bereits ken­nen, wer­den hier kei­ne Über­ra­schung erle­ben — die Sto­ry ist unver­än­dert. Neu­lin­ge wer­den von den zahl­rei­chen Twists, auch wenn recht früh Hin­wei­se gestreut wer­den, ver­blüfft sein. Außer­dem legt der Film den Blick­win­kel auch auf sei­ne Figu­ren, die sich in treff­si­che­ren Dia­lo­gen ent­fal­ten kön­nen. Die Neu­ver­fil­mung des Kri­mi­klas­si­kers über­zeugt mit aus­ge­zeich­ne­ten Schau­spie­lern, opti­scher Opu­lenz, viel Lie­be zum Detail und jeder men­ge Spannung.

Mord im Ori­ent Express star­tet am 9. Novem­ber in den deut­schen Kinos!

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