Chris Pine, Jeff Bridges und Ben Foster treffen in dem modernen Western namens Hell or High Water zusammen. Ob der Film so aufregend ist wie ein Ritt auf einem wilden Bronco, oder man anstatt eines Kinosaals lieber einen Saloon aufsuchen sollte, erfahrt Ihr im Folgenden.
Hell or High Water läuft seit dem 12. Januar 2017 in den deutschen Kinos. Der Film verbuchte insgesamt vier Oscar-Nomierungen, ging allerdings leer aus. Die Musik steuerte der australische Musiker Nick Cave bei.

Texas-Ranger Marcus Hamilton (links) und sein Partner Alberto Parker. © 2017 Paramount Pictures. All Rights Reserved.
Handlung:
Die Brüder Tanner (Ben Foster “Contraband”) und Toby Howard (Chris Pine “Star Trek Beyond”) könnten nicht verschiedener sein: Tanner ist ein Hitzkopf, der mehrere Jahre wegen Diebstahls im Kittchen saß. Toby ist eher von der ruhigen Sorte, geschieden und lebt somit getrennt von seiner Ex-Frau Debbie (Marin Ireland “Sneaky Pete”) und seinen zwei Söhnen. Toby hat seine kranke Mutter bis zu ihrem Tod gepflegt, während Tanner durch seine Haftstrafe verhindert war. Nach langer Trennung treffen die Brüder wieder aufeinander und Tanner erfährt von dem Tod der gemeinsamen Mutter und den finanziellen Problemen seiner Familie. Die Familienfarm in Texas ist hochverschuldet, da Mutter Howard die Kredite nicht mehr abbezahlen konnte. Um die Farm vor dem Zwangsverkauf zu retten, beginnen die Brüder Banken auszurauben. Sie rauben gezielt die Filialen der Bank aus, bei der die Familie in der Kreide steht.
Da die Brüder jeweils verhältnismäßig niedrige Summen (meist mehrere Tausend Dollar) stehlen, ist der Fall für das FBI nicht von Interesse. Stattdessen wird der, mit einem Bein in der Pensionierung stehende, Texas-Ranger Marcus Hamilton (Jeff Bridges) herangezogen. Er und sein Partner Alberto (Gil Birmingham “Lone Ranger”) machen sich auf die Jagd nach dem Bankräuber-Duo…
Moderner Western — Spiel mir das Lied vom verschuldeten Cowboy

Die stärkste Szene des Films: Toby und Marcus treffen aufeinander.
© 2017 Paramount Pictures. All Rights Reserved.
Hell or High Water bedient das Western-Genre allein dadurch, dass Räuber im Mittelpunkt stehen. Der erste Western aller Zeiten ist immerhin “Der große Eisenbahnraub” von 1903. Außerdem tritt ein Ranger der alten Schule auf, der die Verbrecher dingfest machen will. Und all dies findet in Texas das perfekte Setting: Der ‘Lone Star State’ mit seiner öden, wüstenähnlichen Landschaft und den recht lockeren Schusswaffengesetzen bietet den optimalen Schauplatz für einen Gegenwartswestern.
Der Film ist jedoch kein reiner Western, sondern befasst sich vor allem mit einer tiefergehenden Thematik: Die Brüder rauben Banken aus, um ihren Familienbesitz zu retten. Tobys primäre Motivation ist die finanzielle Absicherung seiner Söhne, die es besser haben sollen als er. Toby möchte die Farm seinen Kindern vermachen, damit sie niemals in die gleichen geldlichen Schwierigkeiten geraten wie ihr Vater. Die Howards sind demnach nicht aus Gier Bankräuber, sondern weil sie keinen anderen Ausweg aus den Schulden finden. Dadurch erhält der Film eine sozialkritische Tragweite und rückt vorsichtig das Bankensystem in die Antagonisten-Rolle. Hell or High Water zeigt den moralischen Verfall aufgrund des wirtschaftlichen Niedergangs.
Die Geschichte von Hell or High Water wird recht gemütlich erzählt. Zwischenzeitlich wirkt der Film ein wenig langatmig. Allerdings wird das Tempo durch die beeindruckende Kulisse bestimmt, welche Tanner und Toby über längere Strecken des Films durchfahren: Die dürre Landschaft, die den Look des Films ausmacht, unterstreicht die Armut und somit den Beweggrund der Howard-Brüder. Dieser Look setzt die trostlose aber auch idyllische Atmosphäre des Films, von welcher der Zuschauer eingenommen wird. Das gedämpfte Tempo wird außerdem durch die Brisanz der brüderlichen Beziehung und der actionreicheren Szenen, in den richtigen Momenten, beschleunigt.

Neue Interpretation des klassischen Western-Showdowns.
© 2017 Paramount Pictures. All Rights Reserved.
Jeff Bridges spielt den beinharten Texas-Ranger Marcus Hamilton mit gewohnter Souveränität. Der zynische Gesetzeshüter macht seinem indianischen Partner Alberto mit rassistischen Witzen laufend das Leben schwer. Er ist ein wahrer Stinkstiefel, der aber auch feinere Seiten an den Tag legt. Tanner und Toby definiert ein ständiger Gegensatz: Tobys ruhige und zurückhaltende Art steht in fortlaufendem Kontrast zu dem leichtsinnigen und aufbrausenden Charakter seines Bruders. Das ungleiche Brüderpaar sorgt mit ihren Divergenzen für humorvolle, spannende und emotionale Momente. Die schauspielerischen Leistungen stehen bei Hell or High Water klar im Fokus. Denn anders als andere Western setzt dieser Film auf seine Figuren und deren Dialoge und nicht ausschließlich auf brutale Action.
Fazit:
Hell or High Water ist ein gelungener Film, der mit genrespezifischen Feinheiten des Westerns einen ganz besonderen Schliff hat. Der Film beinhaltet beispielsweise den klassischen Shootout auf der Hauptstraße, den jeder nennenswerte Western vorweisen kann — hier wird der übliche Colt allerdings durch ein Maschinengewehr ersetzt. Eine gemächlich erzählte Neu-Interpretation des Westerns mit einem tollen Look, gesellschaftskritischem Subtext, trockenem Humor und einem hervorragenden Cast.