Weihnachten naht und so bringt Disney am 1. November 2018 seinen Xmas-Film Der Nussknacker und die vier Reiche in die deutschen Kinos. Aber handelt es sich hier tatsächlich um ein zauberhaftes Abenteuer, das die vorweihnachtliche Zeit versüßt?
Handlung:
Die junge, technikaffine Clara (Mackenzie Foy) trauert um ihre Mutter. Ihr Vater (Matthew Macfadyen) überreicht ihr und ihren Geschwistern am Heiligabend Geschenke ihrer verstorbenen Mutter. Clara erhält ein wunderschönes aber ebenso geheimisvolles Schmuck-Ei, das sich nur mit einem Schlüssel öffnen lässt — diesen erhält sie jedoch nicht. Sie hofft den Schlüssel bei ihrem Patenonkel Droßelmeier (Morgan Freeman) zu finden und dieser scheint tatsächlich etwas über das Schmuck-Ei zu wissen.
Auf der Suche nach dem Schlüssel findet Clara sich jedoch in einer mysteriösen Parallelwelt wieder, in der sie auf allerlei seltsame Gestalten trifft. Zunächst lernt sie den Nussknacker-Soldaten Phillip (Jayden Fowora-Knight) kennen, der ihr die weiteren Reiche zeigt. Und so trifft Clara auch auf die Zuckerfee (Keira Knightley), die Bewohner des Schneeflocken- und Blumenlands, den Mäusekönig und auf die rätselhafte Mutter Ingwer (Helen Mirren). Clara erfährt, dass die vier Reiche sich im Krieg befinden und der geheimnisvolle Schlüssel nicht nur ihr prunkvolles Ei öffnen, sondern auch für Frieden sorgen kann…
Optisch durchaus gelungen
Der Nussknacker und die vier Reiche spielt anfangs in London am Ende des 19. Jahrhunderts. Bereits die Eingangssequenz, in der die Kamera einem Vogel folgt, der über die britische Hauptstadt fliegt, kann sich sehen lassen. Der Zuschauer gerät, dank der Aufnahmen des vor Xmas-Beleuchtungen strotzenden Londons, augenblicklich in eine wohlige Weihnachtsstimmung. Die Weihnachtsparty, die Clara mit ihrer Familie besucht erzeugt den gleichen Effekt und lässt den Zuschauer in eine heile Welt voll opulenter Dekorationen und traumhafter Gewänder eintauchen.
Als Clara sich dann in die neue und unbekannte Welt begibt, bekommt der Rezipient auch neue optische Leckerbissen serviert. Angefangen bei den aufwendigen Kostümen wie bspw. dem der Zuckerfee, über die exzentrischen Haarprachten und das fulminante Make-Up der Figuren. Die Bewohner der vier Reiche sind zum Leben erweckte Spielzeuge und das haben die Macher optisch äußerst detailgetreu umgesetzt.
Mutter Ingwer, die eigentlich aus Porzellan besteht, hat eine ‘Narbe’ im Gesicht, welche wortwörtlich den Eindruck vermittelt, dass sie einen ‘Sprung in der Schüssel’ hat. Auch der Mäusekönig, der aus tausenden umherfleuchenden kleinen Nagern besteht ist erstklassig animiert. Ebenso wie die Clowns von Mutter Ingwer, die wie Matrjoschkas auseinander herausspringen, sind ein wahres Highlight. Optisch ist Der Nussknacker und die vier Reiche dementsprechend absolut gelungen. Doch wie verhält es sich in anderen Aspekten?
Die Story lässt zu wünschen übrig…
In Sachen Optik haben die Regisseure Lasse Hallström (“Casanova”) und Joe Johnston (“Captain America: The First Avenger”), mit Hilfe von dem erfahreren Kameramann Linus Sandgren (“La La Land”), alle Arbeit geleistet. In Hinblick auf die Story will es jedoch nicht gleichermaßen gut funktionieren. Diesem Film dienen gleich zwei weltbekannte Werke als Vorlage: “Nussknacker und Mausekönig” von E.T.A. Hoffmann und das Ballett „Der Nussknacker“ von Tschaikowski. Zwar versucht Drehbuchautorin Ashleigh Powell Elemente aus beiden Werken einzubringen, allerdings klappt dies nur bedingt. Die Ballett-Einlage, die Clara präsentiert wird ist schön zu sehen, jedoch wirkt sie recht künstlich platziert. So kommt auch die allseits bekannte und traumhafte Musik nur wenig zum Einsatz — hier wurde wirklich Potenzial verschenkt.
Auch wenn die Figuren der Vorlage in dem Film auftreten, haben sie kaum eine Bedeutung. Statt dessen ist Der Nussknacker und die vier Reiche leider eine Mischung aus bereits bekannten Fantasy-Filmen, der an keiner Stelle überraschen kann. Denn oft erinnert der Film doch sehr stark an “Die Chroniken von Narnia”: Ein Mädchen gelangt durch eine Art Portal zu einer anderen Welt, lernt dort wundersame Gestalten kennen und muss schließlich die Harmonie wiederherstellen — es hätte nur noch gefehlt, dass Herr Tumnus sich dazugesellt.
Fazit:
Der Nussknacker und die vier Reiche ist zwar ein visuell gelungener Film, der aber inhaltlich nicht überzeugen kann. Die prunkvolle Ausstattung, die Kitsch-empfindlichen Kinobesuchern zu extrem erscheinen wird, schafft es nicht von der mangelhaften Story abzulenken. Außerdem sind erstklassige Schauspieler wie Helen Mirren und Morgan Freeman hier total verschenkt, da sie nicht angemessen zum Einsatz kommen. Die völlig überzuckerte Darstellung von Keira Knightley, die verzweifelt versucht sich durch die mißlungenen Dialoge zu kämpfen, ist ein weiterer Minuspunkt.
Als Kinderfilm (FSK 0) ist Der Nussknacker und die vier Reiche absolut geeignet. Und wer sich nur in Weihnachtsstimmung versetzen lassen und schöne Bilder sehen will, ohne von lästigen Twists abgelenkt zu werden, ist hier ebenfalls richtig. Denn mehr als ein unbefriedigender Abklatsch von “Narnia” mit kurzen Ballett-Einlagen bekommt man hier nicht.