Boardwalk Empire überzeugt mit einer gelungenen Mischung aus Action, Spannung und Intrigen. Eine in jeglicher Hinsicht gelungene Serie, die in Deutschland leider nur wenig Beachtung gefunden hat. An mangelnder Qualität liegt es sicherlich nicht. Boardwalk Empire ist wirklich ein Muss für jeden Mafiafilm-Fan.
Die aufwendig und künstlerisch gestaltete HBO-Serie lief in den USA von 2010 bis 2014. In den USA war sie seit dem Erscheinungsjahr ein großer Erfolg. In Deutschland hingegen konnte Boardwalk Empire nicht in diesem Maß Fuß fassen. Bisher wurde die Serie nur auf TNT-Serie und Sky Atlantic ausgestrahlt. Sie umfasst fünf Staffeln mit insgesamt 56 Folgen.
Boardwalk Empire ist eine Adaption von Nelson Johnsons Buch Boardwalk Empire: The Birth, High Times, and Corruption of Atlantic City. Terence Winter, der früher als Drehbuchautor und Produzent für „Die Sopranos“ tätig war, ist der Macher der Serie. Zu den Executive Producern gehören unter anderem Martin Scorsese und Mark Wahlberg. Scorsese führte außerdem bei der ersten Folge der ersten Staffel Regie.
Das Szenario von Boardwalk Empire
Der Zuschauer wird in eine längst vergangene, aber glorifizierte Epoche zurückversetzt: Die ‚Goldenen Zwanziger’ oder auch ‚Roaring Twenties’. Der erste Weltkrieg ist vorbei, die Wirtschaft boomt, die Anziehungskraft der Großstädte erreicht einen neuen Zenit und die Prohibition (Alkoholverbot) hat gerade begonnen. Die Handlung setzt am Tag der Verabschiedung des Prohibitions-Gesetzes ein. Zur Zeit der Prohibition wurde in den USA mehr Alkohol konsumiert als jemals zuvor, unter anderem, weil durch das Verbot ein Schwarzmarkt geschaffen wurde. Nicht umsonst gilt diese Periode als Beginn des organisierten Verbrechens in den USA – und das ist das zentrale Thema von Boardwalk Empire. Dazu gesellen sich Inhalte wie Korruption, Politik, Mafia, Mord, sowie familiäre und zwischenmenschliche Konflikte.
Der Hauptschauplatz ist Atlantic City in New Jersey. Das Atlantic City der 1920er Jahre ist ein wahrer Sündenpfuhl: Glücksspiel, Alkoholkonsum, Nachtklubs und uneheliche Beziehungen sind an der Tagesordnung. Durch ihre günstige Küstenlage ist die Stadt ein großer Umschlagplatz für Schmuggel, da Metropolen wie New York, Chicago und Philadelphia leicht erreichbar sind.
Wer ein Anhänger von realistischen Filmen oder Serien ist kann sich freuen: Sehr viele Charaktere von Boardwalk Empire beruhen auf wahren Personen: So begegnet man zum Beispiel Enoch Thompson (basierend auf Enoch L. Johnson) oder Mafiagrößen wie Al Capone, Giuseppe ‚Joe The Boss’ Masseria, Charles ‚Lucky’ Luciano, Arnold ‚The Brain’ Rothstein und Meyer Lansky.
Das sind die Hauptcharaktere von Boardwalk Empire
Enoch ‚Nucky’ Thompson
Er ist der Protagonist und wird von Steve Buscemi („Reservoir Dogs“, „Fargo“) porträtiert. Der aus Irland stammende Nucky ist der Stadt-kämmerer von Atlantic City. Er kümmert sich also um die finanziellen Angelegenheiten der Stadt und wie es so oft ist: Wer das Geld regiert, regiert alles. Nucky kontrolliert mehr oder weniger ganz Atlantic City und hat weitaus höheren Einfluss als etwa der Bürgermeister. Durch sein bemühtes Engagement innerhalb der Gemeinde zeigt er jedoch eine andere Facette. Aus diesem Grund ist er in der Stadt, die er regiert, beliebt. Besonders die ärmeren Einwohner Atlantic Citys sind von ihm angetan, weil Nucky oftmals den Bedürftigen etwas spendet.
Er ist intelligent, charmant und sehr talentiert, wenn es darum geht Menschen um den Finger zu wickeln. Zu Beginn der Serie macht Nucky einen sehr sympathischen Eindruck. Er ist zwar zu einem gewissen Grad korrupt, jedoch halten sich seine kriminellen Aktivitäten noch in Grenzen. Im Laufe Zeit steigt er zu einem wahren ‚Bootlegger’ (Alkohol-Schmuggler) auf und verfügt über ein kriminelles Imperium, das über die Grenzen von New Jersey hinaus geht. Er schließt Handelsabkommen mit dem Chicagoer und dem New Yorker Mafiaklan – sogar bis nach Irland reichen Nuckys geschäftliche Beziehungen.
Nucky macht eine starke Wandlung durch. Ähnlich wie „Breaking Bad“s Walter White, verhält sich Nucky zunehmend rabiater und kompromissloser, wodurch er den einen oder anderen Sympathie-Punkt verliert. Trotzdem bleibt Nucky die vorherrschende Identifikationsfigur. Denn Nucky Thompson ist alles andere als ein stereotyper Bösewicht, sondern eine interessante und vielschichtige Figur.
Elias ‚Eli’ Thompson
Er ist Nuckys Bruder und wird von Shea Whigham („Silver Linings“, „American Hustle“) gespielt. Er ist verheiratet und Vater von zehn Kindern. Er liebt seine Familie und ist ein engagierter Vater. Allerdings hat er auch eine cholerische Seite und ist nicht sehr loyal. Durch die machtvolle Position seines Bruders ist Eli der Sheriff von Atlantic County geworden. Zeit seines Lebens stand Eli im Schatten seines großen und erfolgreichen Bruders. Dementsprechend haben Nucky und Eli eine komplizierte und unharmonische Beziehung. Die beiden verbindet eine gewalttätige Kindheit, die beide versuchen zu verdrängen. Es gelingt ihnen zwar einige Zeit gemeinsam Atlantic City zu regieren, doch das Spannungsverhältnis bleibt dabei offensichtlich – und das führt über kurz oder lang zu Problemen.
James ‚Jimmy’ Darmody
Er wird von Michael Pitt („Mord nach Plan“) dargestellt. Jimmy ist der Sohn des früheren, zu Beginn der Serie schon sehr betagten, politischen Oberbosses Louis „Commodore“ Kaestner und des Showgirls Gillian Darmody. Als der Commodore 54 Jahre alt war, bat er Nucky darum, ihm ein Mädchen zur Befriedigung seiner perversen Gelüste zu arrangieren. Nucky schickte ihm Gillian, die zu dem Zeitpunkt erst 12 Jahre alt war. Aus diesem Arrangement entstand Jimmy. Gillian und der Commodore führten keine Beziehung und Jimmy baute auch keine Beziehung zu seinem Vater auf, da seine Mutter ihn verständlicherweise verabscheut. Vielmehr sieht Jimmy in Nucky eine Vaterfigur, da er sich seiner angenommen und ihn zu seinem Protegé gemacht hat.
Jimmy kämpft im Ersten Weltkrieg und wird im Einsatz verletzt. In der ersten Folge der ersten Staffel ist er wieder wohl auf und zurück in Atlantic City. Doch er ist nur körperlich in gutem Zustand, denn er wird von den schrecklichen Erinnerungen aus dem Schützengraben verfolgt. Er beginnt für Nucky zu arbeiten. Allerdings beschränkt sich sein Aufgabenbereich darauf, Nucky zu eskortieren und ihm als Bodyguard zu dienen – nicht ganz das, was Jimmy sich vorgestellt hatte. Er schafft es im Laufe der Zeit jedoch sich hochzuarbeiten, doch dabei macht er sich auch Feinde.
Richard Harrow
Er wird von Jack Huston („American Hustle“) gespielt. Richard hat ebenfalls im Ersten Weltkrieg gekämpft. Sein Gesicht wurde schwer entstellt. Er hat sein linkes Auge verloren und der Rest seiner linken Gesichtshälfte liegt mehr oder weniger offen. Aus diesem Grund trägt er eine halbseitige Blechmaske, die an seiner Brille befestigt ist. Er lernt Jimmy in einem Militär-Krankenhaus kennen und versteht sich auf Anhieb gut mit ihm. Jimmy nimmt ihn mit nach Atlantic City und Richard wird sein Partner im Alkohlschmuggel-Geschäft. Richard macht einen sanftmütigen Eindruck, da er aufgrund seiner Entstellung anderen Menschen gegenüber sehr zurückhaltend ist. Er hat aber auch eine ganz andere Seite: Er handelt auf Befehl und hat keine moralische Barriere, die ihn davon abhält grausame Dinge zu tun. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Diskrepanz ist er ein Sympathie-Träger.
Nelson van Alden
Er wird von Michael Shannon („Man of Steel“, „The Iceman“) gespielt. Er arbeitet in einer führenden Position beim ‚Department of Internal Revenue’ vom ‚Bureau of Prohibition’, dessen Aufgabe es ist, die Einhaltung des Prohibitionsgesetzes sicher zu stellen. Nelson ist ein äußerst frommer und pedantischer Fundamentalist. Seine Abteilung und er fokussieren sich relativ schnell darauf Nucky Thompson ins Fadenkreuz zu nehmen. Auch in seinem Beruf agiert Nelson auf fanatische Weise und ist mit eisernem Willen und frustrierender Hartnäckigkeit ausgestattet. Doch er stößt auf einige Probleme und wird bald selbst zum Gejagten. Sein Leben verändert sich von Grund auf und Nelson van Alden ist sicherlich die Figur, die die drastischste Entwicklung durchlebt.
Albert ‚Chalky’ White
Er wird von Michael K. Williams („The Wire“) porträtiert. Er gilt als der inoffizielle Anführer der afro-amerikanischen Gemeinde von Atlantic City. Auch Chalky ist ein so genannter Bootlegger. Er ist gut betucht und hat geschäftliche Beziehungen zu Nucky Thompson. Eine weitere beständige Einnahmequelle von Chalky sind horrende Geldbträge von vor allem republikanischen Politikern, die bei Chalky schwarze Wählerstimmen kaufen. Chalky ist ein smarter und sympathischer Mann, der für die damalige Zeit als Afro-Amerikaner äußerst viel Respekt bekommt.
Fazit
Boardwalk Empire ist eine mit Golden Globes und Emmys ausgezeichnete Serie, die man sich wirklich nicht entgehen lassen sollte. Sie hat einen hohen Suchtfaktor und ist insbesondere für Liebhaber von anspruchsvollen Gangster- oder Mafiafilmen ideal geeignet.
Sie ist nicht nur mit einer abwechslungsreichen, spannenden Story und vielschichtigen Charakteren bestückt, sondern noch dazu einfach etwas für das Auge: Die Produzenten scheuten weder Mühen noch Kosten, um den historischen Look der Serie perfekt darzustellen. Die berühmte Promenade (der Boardwalk) Atlantic Citys wurde in Originalgröße nachgebaut, um das richtige Flair einfangen zu können. Und das ist ihnen mehr als gelungen: Der Zuschauer wird durch die grandiosen Kostüme und das atemberaubende Bühnenbild regelrecht in die Atmosphäre der 1920er Jahre eingesogen. Zudem sind die schauspielerischen Leistungen, insbesondere von Steve Buscemi und Michael Shannon, mehr als beeindruckend.
Weshalb diese in vollem Umfang gelungene Serie in Deutschland nie die Beachtung bekommen hat, die sie verdient, bleibt ein Rätsel.