Film­kri­tik: Heilstätten

Es heißt der deut­sche Hor­ror­film sei tot. Ab dem 22. Febru­ar 2018 soll Heil­stät­ten die­sem wie­der Leben ein­hau­chen. Ob es sich hier­bei um einen gelun­ge­nen Scho­cker, oder um einen scho­ckie­rend schlech­ten Film han­delt, erfahrt Ihr im Folgenden.

Char­ly (Emi­lio Sakra­ya), Finn (Tim­mi Trinks), Emma (Lisa-Marie Koroll) und Theo (Tim Oli­ver Schultz) auf dem Weg in die Heil­stät­ten…
© 2017 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Hand­lung:

In den Heil­stät­ten, einem düs­te­ren Ort in der Nähe von Ber­lin, wol­len die erfolg­reichs­ten You­Tuber Deutsch­lands, Bet­ty (Nil­am Farooq), Char­ly (Emi­lio Sakra­ya), Finn (Tim­mi Trinks) und Mar­nie (Son­ja Ger­hardt) gemein­sam mit Medi­zin­stu­dent Theo (Tim Oli­ver Schultz), eine 24 Stun­den Chall­enge um den Thron aus­tra­gen — die ulti­ma­ti­ve Social-Media-Herausforderung.

Die Geschich­te der Heil­stät­ten ist vol­ler Grau­en und Bru­ta­li­tät und noch heu­te hal­ten sich Berich­te um para­nor­ma­le Akti­vi­tä­ten von die­sem Ort. Aus­ge­rüs­tet mit Nachtsicht- und Wär­me­bild­ka­me­ras wol­len die You­Tuber die­sen Gerüch­ten nach­ge­hen. Sie bekom­men schnell zu spü­ren, dass man in die­sen angst­ein­flö­ßen­den Rui­nen sein Glück bes­ser nicht her­aus­for­dert. Doch als sie aus­stei­gen wol­len, bemer­ken sie, dass es dafür längst zu spät ist…

Guter Ansatz — aber reicht das?

Der anhal­ten­de Spuk des Natio­nal­so­zia­lis­mus ist ein häu­fig ver­wen­de­tes The­ma für Fil­me diver­ser Gen­res. In den Heil­stät­ten wur­den im zwei­ten Welt­krieg aller­hand schreck­li­che Men­schen­ver­su­che und Expe­ri­men­te durch­ge­führt — und noch heu­te wird die­ser Ort von dem Geist einer spe­zi­el­len Pati­en­tin heim­ge­sucht. Das ist alles ande­re als ein ori­gi­nel­ler Plot, jedoch wird die­sem ein aktu­el­ler Rah­men ver­passt — alt­mo­di­sche Geis­ter­su­che trifft auf die Gene­ra­ti­on YouTube.

Einen Found Foo­ta­ge Film mit einer YouTube-Challenge zu kom­bi­nie­ren ist ein geschei­ter Ansatz mit viel Poten­zi­al. Der Film wirkt über wei­te Stre­cken sehr glaub­wür­dig. Der Look des Found Foo­ta­ge wirkt durch die Auf­nah­men der You­Tuber rea­ler als in ande­ren Fil­men des glei­chen Gen­res. Denn die Erzähl­form Found Foo­ta­ge ist bereits recht nah an der Gene­ra­ti­on You­Tube. Und das Social-Media-Verhalten der heu­ti­gen Jugend fügt sich sehr gut in das Hor­ror­sze­na­rio ein. 

Nil­am Farooq als Beauty-YouTuberin Bet­ty.
© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox / Andrea Hansen

Regis­seur Micha­el David Pate (“Gefällt mir”) gelingt es außer­dem poin­tier­te Sei­ten­hie­be auf die YouTube-Industrie ein­zu­bau­en. Denn es wird an meh­re­ren Punk­ten auf­ge­zeigt, wie weit sozia­le Medi­en in der heu­ti­gen Zeit in unse­ren Leben ver­an­kert sind und wie viel Bedeu­tung die­sen zuge­schrie­ben wer­den. Es geht stets um mehr Likes und noch mehr Klicks — die Fra­ge wie weit man bereit ist zu gehen um die­se zu gene­rie­ren, zieht sich wie ein roter Faden durch den Film.

Die Insze­nie­rung ist in meh­re­ren Hin­sich­ten gelun­gen: Die Heil­stät­ten sind ein herr­lich gru­se­li­ger Schau­platz, der von den Set­bau­ern so angst­ein­flö­ßend wie mög­lich her­ge­rich­tet wur­de. Durch die sub­jek­ti­ven Kame­ras ist der Zuschau­er sehr nah am Gesche­hen. Zudem hat Heil­stät­ten eine ver­stärkt gru­se­li­ge Atmo­sphä­re durch die Ver­wen­dung von soge­nann­ten ‘pra­ti­cal lights’ — anstatt mit aus­ge­leuch­te­ten Sets zu arbei­ten, wur­den vor allem Ker­zen und Taschen­lam­pen benutzt. Gepaart mit dem nur 18-tägigen Dreh, ist das insze­na­to­ri­sche Ergeb­nis recht beeindruckend.

© 2017 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Auch wenn Heil­stät­ten über ein gelun­ge­nes Gru­sel­ge­rüst ver­fügt, ver­sagt der Film lei­der an den wich­ti­gen Stel­len — die Scho­cker wol­len ein­fach nicht scho­cken. Es herrscht durch die ange­spann­te Atmo­sphä­re und die über­zeu­gen­de Dar­stel­lung der Schau­spie­ler zwar eine unbe­hag­li­che Grund­stim­mung, aller­dings schafft es der Film nicht, dass der Zuschau­er sich vor Angst und Schre­cken an den Ses­sel­leh­nen fest­krallt. Das kann auch der bru­ta­le und blu­ti­ge letz­te Akt nicht bewirken. 

Die Sto­ry ist durch die You­Tuber zwar in einen aktu­el­len Rah­men ein­ge­bun­den, doch auch sie zeigt Schwä­chen auf. Zwar gelingt es den Fil­me­ma­chern den Zuschau­er gekonnt in die Irre zu füh­ren, aller­dings bau­en sie einen Twist zuviel ein, der die vor­he­ri­ge Wen­dung (das ein­zig Genia­le an die­sem Film) wie­der zer­stört. Die­ser Doppel-Twist soll den Zuschau­er noch nach dem Film­erleb­nis beschäf­ti­gen und fas­zi­nie­ren — jedoch hät­te Heil­stät­ten ohne Wen­dung Num­mer zwei weit­aus bes­ser funktioniert.

Mar­nie (Son­ja Ger­hardt) und Emma.
© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox / Andrea Hansen

Die Beset­zung von Heil­stät­ten ist gut gelun­gen. Vor allem Son­ja Ger­hardt über­zeugt als ver­ängs­tig­te Mar­nie, die den Geist der besag­ten Pati­en­tin bereits vor der Chall­enge zu Gesicht bekam. Auch Nil­am Farooq als Bet­ty und Tim­mi Trinks als Finn lie­fern eine gute Per­for­mance. Zudem sind auch die ech­ten You­Tuber Leon Mac­hè­re, Davis Schulz und Fresh­t­or­ge mit von der Par­tie. Die ech­ten und fik­ti­ven You­Tuber legen zwar eine über­spru­deln­de, fast hyper­ak­ti­ve, Dar­stel­lung an den Tag, doch dies wirkt natür­lich. Ganz im Gegen­satz zu Tim Oli­ver Schultz, der als Theo ein­fach nicht authen­tisch ist. Sei­ne schwüls­ti­ge Sprech­art wirkt abso­lut auf­ge­setzt und fügt sich kaum in den Rest der Grup­pe ein.

© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox / Andrea Hansen

Fazit:

Heil­stät­ten ist ein Gru­sel­film dem es ein­deu­tig an Gru­sel fehlt. Zwar kann der Film mit insze­na­to­risch gelun­ge­nen Mit­teln, wei­tes­ge­hend guten Schau­spie­lern und einer gewis­sen Por­ti­on Sati­re glän­zen, aller­dings reicht dies nicht aus um den Film zu tra­gen. Hor­ror­fans wer­den von Heil­stät­ten nicht geschockt son­dern ent­täuscht sein. You­Tuber, die den Film sehen brau­chen ein dickes Fell, da ihr Metier durch den Kakao gezo­gen wird. Kino­be­su­cher, die äußerst zart­be­sai­tet sind und eine hohe Tole­ranz für Fil­me haben, die sich selbst zer­stö­ren, könn­te Heil­stät­ten wie­der­um gefallen.

Heil­stät­ten star­tet am 22. Febru­ar 2018 in den deut­schen Kinos!

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