Film­kri­tik: Green Book — Eine beson­de­re Freundschaft

Green Book ist die Ver­fil­mung einer wah­ren Geschich­te. Ins­ge­samt fünf Mal ist die Tra­gi­ko­mö­die für den Oscar nomi­niert. Wes­halb Green Book die­se Prei­se auch erhal­ten soll­te, erfahrt Ihr hier.
Mahershala Ali und Viggo Mortensen in Green Book

Ein ganz beson­de­rer Road Trip…
© 2018 eOne Germany

Hand­lung:

Die USA, Anfang der 1960er Jah­re: Der Italo­ame­ri­ka­ner Tony “Lip” Val­le­lon­ga (Viggo Mor­ten­sen) arbei­tet in New York als Tür­ste­her. Als jedoch der Nacht­club, in dem er arbei­tet, wegen Umbau für eini­ge Mona­te schließt, muss Tony zuse­hen wie er sei­ne Fami­lie solan­ge über Was­ser hält. Er erhält ein Ange­bot als Fah­rer für einen Afro­ame­ri­ka­ner zu arbei­ten. Der Schwar­ze namens Dr. Don Shir­ley ist ein begna­de­ter Pia­nist, der einen Chauf­feur und Body­guard für sei­ne Kon­zert­tour­nee durch die Süd­staa­ten benö­tigt. Tony nimmt das Ange­bot an und so machen sich der Italo — und der Afro­ame­ri­ka­ner auf den Weg.

Sie müs­sen Ihren zwei­mo­na­ti­gen Road­trip mit Hil­fe des “Negro Moto­rist Green Book” pla­nen, ein Rei­se­füh­rer in wel­chem zu lesen war in wel­chen Eta­blis­se­ments auch Schwar­ze bedient wer­den. Zu Beginn der Rei­se kön­nen der hoch­kul­ti­vier­te und intel­li­gen­te Don und der eher unge­bil­de­te und groß­mäu­li­ge Tony nicht viel mit­ein­an­der anfan­gen. Doch im Lau­fe der Zeit erle­ben sie gemein­sam vie­le Höhe und Tie­fen: Der Beginn einer beson­de­ren Freundschaft…

Green Book — Ras­sis­mus und Vorurteile

Anfang der 1960er Jah­re herrsch­te in den USA noch Ras­sen­tren­nung. Erst im Jahr 1964 wur­de sie offi­zi­ell durch den “Civil Rights Act” von Prä­si­dent Lydon B. John­son abge­schafft. Beson­ders in den Süd­staa­ten wur­de die Ras­sen­tren­nung vor 1964 (und inof­fi­zi­ell auch noch danach) sehr ernst­ge­nom­men und kon­se­quent durch­ge­setzt. Dem­entspre­chend war das “Negro Moto­rist Green Book” für Schwar­ze, die in die Süd­staa­ten reis­ten, unab­ding­bar. Heut­zu­ta­ge kaum vor­stell­bar, aber zur dama­li­gen Zeit har­te Realität. 

Der Film, des­sen Titel auf jenen spe­zi­el­len Rei­se­füh­rer ver­weist, unter­mau­ert logi­scher­wei­se den vor­herr­schen­den Ras­sis­mus. Zu Beginn macht der Film es dem Zuschau­er nicht leicht Tony als Sym­pa­thie­trä­ger zu sehen: Als zwei schwar­ze Klemp­ner Repa­ra­tu­ren in Tonys Küche vor­neh­men ser­viert Tonys Frau Dolo­res (Lin­da Car­del­li­ni “Nur ein klei­ner Gefal­len”) ihnen Geträn­ke. Wor­auf­hin Tony die benutz­ten Glä­ser der Schwar­zen ent­sorgt — der ganz nor­ma­le Alltagsrassismus. 

Mahershala Ali und Viggo Mortensen in Green Book

Don Shir­ley (Mahers­ha­la Ali) und Tony Lip (Viggo Mor­ten­sen) in den Süd­staa­ten.
© 2018 eOne Germany

Aber auch Don ist ein schwie­ri­ger Cha­rak­ter, denn er ist zwar smart und kul­ti­viert, aber eben­so arro­gant und her­ab­las­send. Zudem hat er sei­ne eige­ne Art von Ras­sis­mus, da er sich klar von ande­ren Schwar­zen abgrenzt, in der Hoff­nung dadurch von Wei­ßen eher akzep­tiert zu wer­den. Außer­dem hegen bei­de Figu­ren Vor­ur­tei­le dem ande­ren gegen­über: Tony meint alles über die afro­ame­ri­ka­ni­sche Kul­tur zu wis­sen, wobei er ledig­lich ste­reo­ty­pe Annah­men abklap­pert. Und Don unter­schätzt Tony, der aus der Arbei­ter­klas­se stammt, und fühlt sich ihm von vorn her­ein überlegen.

Green Book — Meis­ter­haft erzählt

Trotz all­dem steht nicht der Ras­sis­mus im Zen­trum. Er fun­giert ledig­lich als Set­ting für die Erzä­lung der Ent­ste­hung einer außer­ge­wöhn­li­chen Freund­schaft. So ist Green Book kei­ne Diskrimierungs-Anprangerung, son­dern in aller ers­ter Linie eine wun­der­ba­re Buddy-Komödie. Der Film setzt natür­lich vor­aus, dass Ras­sis­mus ver­ächt­lich ist und bin­det dies­be­züg­lich auch genü­gend herz­zer­rei­ßen­de Momen­te ein. Doch das Herz­stück des Films ist die emo­tio­na­le Annäh­rung der bei­den Protagonisten. 

Green Book

Don hilft Tony dabei roman­ti­sche Brie­fe an Dolo­res zu schrei­ben.
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Ganz ohne auf die Trä­nen­drü­se zu drü­cken schafft es Regis­seur Peter Far­rel­ly sei­ne zen­tra­len Figu­ren auf berüh­ren­de Wei­se durch den Plot zu lei­ten. Far­rel­ly, vor allem für sei­ne Komö­di­en (“Ver­rückt nach Mary”) bekannt, lässt es sich zudem nicht neh­men eine ordent­li­che Por­ti­on Humor ein­zu­bin­den. Natür­lich fällt die Komik hier nicht so albern aus wie in sei­nen vor­he­ri­gen Wer­ken. Das rich­ti­ge Maß an Witz wird in die ohne­hin fan­tas­ti­schen Dia­lo­ge ein­ge­wo­ben. Dies lockert auch eigent­lich erns­te Momen­te ein wenig auf. Aber der Teil des Films der in den Süd­staa­ten spielt hat trotz­dem einen deut­lich düs­te­re­ren Ton als der ers­te Akt, in dem die Prot­ago­nis­ten vor­ge­stellt werden. 

Der Film schafft es aller­dings durch­ge­hend Ras­sis­mus sowohl fein­füh­lig als auch humor­voll zu the­ma­ti­sie­ren. Kaum ein Film, der die­se Pro­ble­ma­tik zur Grund­la­ge hat, wur­de je simul­tan der­art gefühl­voll, tra­gisch und wit­zig erzählt. Das liegt auch an den unfass­bar guten Per­for­man­ces sei­ner Dar­stel­ler. Viggo Mor­ten­sen und Mahers­ha­la Ali leis­ten hier wirk­lich gan­ze Arbeit und errei­chen den Zuschau­er auf sehr authen­ti­sche Weise. 

Green Book - Don Shirley am Piano.

Don Shir­ley in sei­nem Ele­ment.
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Fazit:

Green Book — Eine beson­de­re Freund­schaft ist ein lie­be­voll gemach­ter Film, der abso­lut sehens­wert ist. Er ist durch­ge­hend authen­tisch, was auch dar­an lie­gen soll­te, dass Nick Val­le­lon­ga (Sohn von Tony) Co-Autor des Dreh­buchs ist. Ein wun­der­vol­ler Film über eine bedeut­sa­me Freund­schaft zwi­schen zwei Men­schen, die unter­schied­li­cher nicht sein könn­ten. Ein äußerst gelun­ge­ner Buddy-Film, der sei­ne Zuschau­er zum Nach­den­ken anregt, berührt und zum Lachen bringt — und das vor allem durch die über­ra­gen­den Leis­tun­gen von Mahers­ha­la Ali und Viggo Mor­ten­sen. Ein Kino soll­te schleu­nigst auf­ge­sucht werden!

Green Book — Eine beson­de­re Freund­schaft läuft jetzt in den deut­schen Kinos!

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