Film­kri­tik: Genau­so anders wie ich

Das Dra­ma Genau­so anders wie ich star­tet am 30. Novem­ber 2017 in den deut­schen Kinos. Ob sich ein Kino­be­such lohnt, oder auf die­sen Film ver­zich­tet wer­den kann, erfahrt Ihr im Folgenden.

Ron und Den­ver ver­bin­det eine tie­fe Freund­schaft.
© Para­mount Pictures

Genau­so anders wie ich basiert auf dem Buch “Same Kind of Dif­fe­rent as Me: A Modern-Day Slave, an Inter­na­tio­nal Art Dea­ler, and the Unli­kely Woman Who Bound Them Tog­e­ther” von Ron Hall und Den­ver Moo­re. Bereits der gewal­ti­ge Titel der Vor­la­ge lässt dar­auf schlie­ßen, dass hier eine umfang­rei­che, kom­ple­xe und viel­schich­ti­ge Geschich­te erzählt wird. Schafft es Regis­seur Micha­el Car­ney mit sei­nem Spiel­film­de­büt die­ser wah­ren und außer­or­dent­li­chen Geschich­te gerecht zu werden?

Hand­lung:

Kunst­händ­ler Ron Hall (Greg Kin­ne­ar) und sei­ne Frau Debbie (kaum wie­der zu erken­nen: Renée Zell­we­ger) fehlt es an Nichts: Sie sind äußerst wohl­ha­bend, haben zwei wun­der­ba­re Kin­der und sind all­ge­mein sehr beliebt. Aller­dings brö­ckelt es hin­ter der per­fek­ten Fas­sa­de, denn ihre Ehe steht kurz vor dem Aus. Wäh­rend Ron eine Affä­re beginnt, kon­zen­triert sich Debbie vor allem auf ihre Tätig­kei­ten in der Sup­pen­kü­che. Bald über­re­det Debbie Ron eben­falls in der Sup­pen­kü­che aus­zu­hel­fen — als Ent­schä­di­gung für den unehe­li­chen Fehltritt. 

Dort begeg­nen sie einem Mann, den Debbie bereits mehr­mals in ihren Träu­men gese­hen hat. Auf Debbies Drän­gen ver­sucht Ron mit dem Unbe­kann­ten in Kon­takt zu tre­ten. Doch der afro­ame­ri­ka­ni­sche Obdach­lo­se, der ‘Sui­ci­de’ genannt wird, ist aggres­siv und trägt sei­nen Base­ball­schlä­ger nicht zur Zier­de. Nach anfäng­li­chen Schwie­rig­kei­ten gelingt es Ron jedoch eine Bezie­hung zu ‘Sui­ci­de’, der eigent­lich Den­ver Moo­re (Dji­mon Houn­sou) heißt, auf­zu­bau­en. Und so ent­steht zwi­schen dem Ehe­paar Hall und Den­ver eine tie­fe Freund­schaft, die sozia­le und kul­tu­rel­le Unter­schie­de überwindet…

Emo­tio­na­les Kino oder geball­ter Kitsch?

Die Ereig­nis­se, die das Ehe­paar Hall und Den­ver Moo­re ver­bin­det sind eben­so tra­gisch wie schön. Die Lebens­ge­schich­te des Obdach­lo­sen, wel­che im Film mit­tels Flash­backs ange­ris­sen wird, wur­de durch Schick­sals­schlä­ge, Ras­sis­mus und Unge­rech­tig­keit geprägt. In der Roman­vor­la­ge wird die Geschich­te der außer­ge­wöhn­li­chen Freund­schaft von bei­den Sei­ten beleuch­tet — sowohl aus Rons als auch aus Den­vers Blickwinkel. 

Die Fil­me­ma­cher haben sich jedoch ent­schie­den die Geschich­te aus­schließ­lich aus der Per­spek­ti­ve von Ron Hall zu erzäh­len. Das ereig­nis­rei­che Leben von Den­ver Moo­re wird dadurch nur mini­mal dar­ge­stellt. Selbst­ver­ständ­lich kann ein Film nie­mals der­art detail­liert und aus­ufernd sein wie die lite­ra­ri­sche Vor­la­ge. Aller­dings stellt sich hier die Fra­ge, ob Den­vers Sicht­wei­se nicht even­tu­ell die span­nen­de­re gewe­sen wäre. Doch der Film beschäf­tigt sich vor allem mit der Fami­lie Hall. Debbie steht dabei klar im Zen­trum. Auch wenn sich beson­ders zwi­schen Ron und Den­ver eine Bezie­hung ent­wi­ckelt, so wäre dies ohne Debbie nicht gesche­hen. Sie hat alles ins Rol­len gebracht und ist die gute See­le der Story.

Den­ver und Debbie freun­den sich eben­falls an.
© Para­mount Pictures

Neben der Ehe­kri­se, die schnell über­stan­den wird, hat Ron mit sei­nem Vater (Jon Voight) zu schaf­fen — denn er ist ein hoff­nungs­lo­ser Alko­ho­li­ker. Die­ser Hand­lungs­strang fügt sich lei­der nur schwer­fäl­lig in die rest­li­che Erzäh­lung ein und wirkt wie eine Art Fremd­kör­per mit dem ein­zi­gen Zweck auf­zu­zei­gen, dass auch rei­che wei­ße Leu­te es nicht unbe­dingt leicht haben. Im Ver­gleich zu Den­vers Erzäh­lun­gen, die sei­ne Arbeit auf einer Baum­woll­plan­ta­ge und sei­ner Kon­fron­ta­ti­on mit dem Ku-Klux-Klan beinhal­ten, wirkt Alko­ho­lis­mus wie ein recht klei­nes Übel. 

© Para­mount Pictures

Genau­so anders wie ich erzählt die Geschich­te einer unver­hoff­ten und beson­de­ren Freund­schaft. Allein auf­grund der wah­ren Ereig­nis­se hat der Film bereits sei­ne Dasein­be­rech­ti­gung. Die Sto­ry spricht eigent­lich für sich selbst und berührt den Zuschau­er. Lei­der haben die Fil­me­ma­cher aller­dings nicht allei­nig auf den Stoff ver­traut, denn sie fügen dem Gan­zen noch eine Extra­por­ti­on Kitsch hin­zu. Bei die­ser außer­ge­wöhn­li­chen Geschich­te wäre wohl ohne­hin kein Auge tro­cken geblie­ben, auch ohne den auf­ge­zwun­ge­nen Pathos. Der Film wird durch die kit­schi­gen Ele­men­te nicht zer­stört, doch das Drü­cken auf die Trä­nen­drü­se kann den Zuschau­er anstren­gen — beson­ders wenn dies über­haupt nicht nötig gewe­sen wäre.

Die Fami­lie Hall.
© Para­mount Pictures

Schau­spie­le­ri­sche Fähigkeiten

Renée Zell­we­ger ist als Debbie das Herz­stück des Films — und das ist pro­ble­ma­tisch. Durch die unzäh­li­gen Schön­heits­ope­ra­tio­nen hat Frau Zell­we­ger nicht nur ihr vor­he­ri­ges Aus­se­hen, son­dern auch jeg­li­che Mimik ver­lo­ren. Debbie Hall hat ein gutes Herz und blüht auf wenn sie ande­ren Men­schen hel­fen kann. Doch erfährt sie ihre eige­ne Tra­gö­die. Im Film wird sie nicht nur als guter Men­schen, son­dern als Hei­li­ge mit poren­tief rei­ner See­le dar­ge­stellt. Die­se über­spitz­te Dar­stel­lung, bei der man Debbies Hei­li­gen­schein bei­nah anfas­sen kann, wirkt oft­mals lei­der unglaub­wür­dig. Hin­zu kommt, dass die kaum wie­der zu erken­nen­de Zell­we­ger dem Gan­zen Schau­spiel nur einen Gesichts­aus­druck hin­zu­zu­fü­gen hat.

Auch wenn die Rol­le der Debbie nicht ide­al besetzt wur­de, kom­pen­sie­ren dies Greg Kin­ne­ar und vor allem Dji­mon Houn­sou. Kin­ne­ar spielt den rei­chen Kunst­händ­ler sou­ve­rän und ver­leiht ihm viel Cha­rak­ter. Houn­sou por­trä­tiert den vom Leben gezeich­ne­ten Obdach­lo­sen mit wahn­sin­nig viel Herz­blut und schafft es dem Zuschau­er mit Authen­ti­zi­tät und Facet­ten­reich­tum nahe zu gehen. 

© Para­mount Pictures

Fazit

Genau­so anders wie ich ist ein Film, der eine schö­ne, wenn auch trau­ri­ge, Geschich­te erzählt. Auch wenn der Film nicht sein vol­les Poten­zi­al aus­schöpft, bleibt es eine herz­er­grei­fen­de Geschich­te, die eine wun­der­vol­le Mes­sa­ge hat. Neben einer lei­der schwa­chen Leis­tung von Renée Zell­we­ger ver­lei­hen die Per­for­man­ces von Greg Kin­ne­ar und Dji­mon Houn­sou ihren Figu­ren viel Tief­gang und Authen­ti­zi­tät. Kitsch-empfindliche Zuschau­er soll­ten sich den Kino­be­such spa­ren. Zuschau­er, die sich nach einem Film fürs Herz seh­nen und mit ein wenig Pathos umge­hen kön­nen, sind hier jedoch genau richtig. 

Genau­so anders wie ich star­tet am 30. Novem­ber 2017 in den deut­schen Kinos!

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