Film­kri­tik: Das Krum­me Haus

Das krum­me Haus ist der 39. Roman von Kult-Autorin Aga­tha Chris­tie. Die gleich­na­mi­ge Ver­fil­mung kommt am 29. Novem­ber 2018 auf die gro­ße Lein­wand. Erfahrt hier, ob sich ein Kino­be­such lohnt.

Zwi­schen Hay­ward und Sophia funkt es…
© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Hand­lung:

Eng­land, Mit­te der 1950er Jah­re: Der ehe­ma­li­ge Spi­on Charles Hay­ward (Max Irons) kehrt von Kai­ro nach Lon­don zurück, wo er eine Kar­rie­re als Pri­vat­de­tek­tiv beginnt. Als Aris­ti­de Leo­ni­des, ein rei­cher und skru­pel­lo­ser Tycoon, in sei­nem Bett ver­gif­tet auf­ge­fun­den wird, wird Hay­ward in das Haus der Fami­lie ein­ge­la­den, um den Fall auf­zu­klä­ren. Im Zuge der vor­an­schrei­ten­den Ermitt­lun­gen muss er der ekla­tan­ten Erkennt­nis ins Auge sehen, dass eine der Haupt­ver­däch­ti­gen Aris­ti­des hüb­sche Enke­lin ist, sei­ne Auf­trag­ge­be­rin und ehe­ma­li­ge Gelieb­te, Sophia (Ste­fa­nie Martini).

Hay­ward hat­te eine lei­den­schaft­li­che Affai­re mit ihr in Kai­ro, bevor sie eines Tages ver­schwand. Er muss nun sei­ne Gefüh­le über­win­den und einen kla­ren Kopf behal­ten, um das Ver­bre­chen auf­zu­klä­ren. Denn in dem Haus wohnt die gesam­te Fami­lie von Aris­ti­de, wodurch Hay­ward es gleich mit zehn Ver­däch­ti­gen zu tun hat — und jeder Ein­zel­ne hat ein Motiv…

Das krum­me Haus

Im Jahr 1949 erschein erst­mals der Kri­mi­nal­ro­man “Das krum­me Haus”, den Aga­tha Chris­tie selbst als eines ihrer Lieb­lings­wer­ke bezeich­ne­te. Aller­dings trau­te sich bis­her nie­mand ihn zu ver­fil­men. Dies liegt wohl dar­in begrün­det, dass die Inhal­te damals zu scho­ckie­rend waren. Aber auch zu einem spä­te­ren Zeit­punkt kon­zen­trier­ten sich Fil­me­ma­cher auf die alt­be­kann­ten Klas­si­ker bzw. Detek­ti­ve wie Her­cu­le Poi­rot oder Miss Mar­ple. Doch jetzt hat sich Regis­seur Gil­les Paquet-Brenner an die Ver­fil­mung des ver­gleichs­wei­se unbe­kann­ten Wer­kes Christies herangetraut.

Nach Ken­neth Bra­naghs bild­ge­wal­ti­ger Ver­fil­mung von “Mord im Ori­ent Express” im letz­ten Jahr, kommt nun eine wei­te­re Christie-Adaption. Bra­nagh stand ein sehr hohes Bud­get zur Ver­fü­gung, um die Ermitt­lun­gen Her­cu­le Poi­rots visu­ell impo­nie­rend in Sze­ne zu set­zen. Paquet-Brenner muss mit deut­lich weni­ger finan­zi­el­len Mit­teln zurecht­kom­men, um die Geschich­te rund um den Mord an Leo­ni­des zu erzäh­len. Jedoch ist dies nicht nega­tiv auf­zu­fas­sen: Der fran­zö­si­sche Regis­seur insze­niert ein gewollt unauf­ge­reg­tes Kam­mer­spiel, das sei­ne Figu­ren ele­gant in den Fokus nimmt. Denn wenn Das krum­me Haus eines zu bie­ten hat, dann sind es inter­es­san­te Figuren.

Ist Aris­ti­des zwei­te Frau Bren­da (Chris­ti­na Hendricks) die Mör­de­rin?
© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Das krum­me Haus - Inter­es­san­te Figuren

In dem pracht­vol­len Anwe­sen namens “Three Gab­les” leben drei Gene­ra­tio­nen der Leo­ni­des zusam­men. Als Haupt­ver­däch­ti­ge gilt Aris­ti­des zwei­te und weit­aus jün­ge­re Frau Bren­da. Zum einen, weil der Rest der Fami­lie sie nie akzep­tie­ren konn­te und augen­blick­lich an den Pran­ger stellt. Und zum ande­ren, weil sie es war, die Aris­ti­de sei­ne ver­meint­li­che Insulin-Dosis ver­ab­reich­te. Aber war ihr bewusst, dass es sich um Gift und nicht um Insu­lin handelte?

Im Lau­fe des Films ver­hört Detec­ti­ve Hay­ward einen Ver­däch­ti­gen nach dem ande­ren, und so wird dem Zuschau­er schnell klar, dass es sich um alles ande­re als eine makel­lo­se Fami­lie han­delt — hier scheint jeder Dreck am Ste­cken zu haben. Der atem­be­rau­ben­de Schau­platz, mit der noch prunk­vol­le­ren Ein­rich­tung ver­mit­telt den Ein­druck von Per­fek­ti­on und Kul­ti­viert­heit, der im Kon­trast zu den düs­te­ren Figu­ren steht. 

Was hat Lady Edith zu ver­ber­gen?
© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Hay­ward blickt hin­ter die Fas­sa­de und ana­ly­siert gemäch­lich die Ver­däch­ti­gen. Da wären Sophi­as Eltern Phil­ipp (Juli­an Sands), ein erfolg­lo­ser Schrift­stel­ler und sei­ne Frau Mag­da (Gil­li­an Ander­son), eine talent­lo­se Schau­spie­le­rin, die jedoch bei­de an zügel­lo­ser Selbst­über­schät­zung lei­den. Oder aber Lady Edith (Glenn Clo­se), die Schwes­ter von Aris­ti­des ers­ter Frau, die bei­nah unun­ter­bro­chen mit einer Schrot­flin­te zu sehen ist. Mit Hil­fe von Aris­ti­des 12-jähriger Enke­lin Jose­phi­ne, die sich als Hobby-Detektivin ent­puppt, erfährt Hay­ward die dunk­len Geheim­nis­se der Bewoh­ner von “Three Gables”.

Der Reiz des Films liegt, neben der Auf­klä­rung des Mor­des, vor allem dar­in die ambi­va­len­ten Figu­ren zu beob­ach­ten. Die Cha­rak­te­re sind sowohl düs­ter als auch absurd, was sie um so inter­es­san­ter macht. Im Ver­gleich bleibt Charles Hay­ward des­halb eher blass, um den Fokus auf die Ermitt­lung und somit auf die kurio­sen  Ver­däch­ti­gen zu legen. Ein flam­boy­an­ter Detek­tiv wie Poi­rot wäre hier zuviel des Guten. 

Auch Mag­da und Phil­ipp haben ein Motiv…
© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Der Zuschau­er kann durch­ge­hend mit­rät­seln und neben­bei noch die fan­tas­ti­schen Dar­bie­tun­gen von Schau­spiel­grö­ßen wie Glenn Clo­se, Gil­li­an Ander­son und Terence Stamp genie­ßen. Zudem hält die Sto­ry meh­re­re raf­fi­nier­te Twists bereit — wie man es von der Bestseller-Autorin eben gewohnt ist. Den­noch muss gesagt wer­den, dass der damals als scho­ckie­rend gel­ten­de Stoff, in der heu­ti­gen Zeit deut­lich weni­ger skan­da­lös wirkt. Dies min­dert die Trag­wei­te der Über­ra­schung. Zumal ein sehr auf­merk­sa­mer und erprob­ter Kri­mi­fan bereits vor dem gro­ßen Twist die Auf­lö­sung erra­ten könnte.

Könn­te Sophia die Mör­de­rin sein?
© 2018 Twen­tieth Cen­tu­ry Fox

Fazit:

Das krum­me Haus ist ein gelun­ge­ner und ele­gant gefilm­ter Kri­mi, der vor allem durch sei­ne über wei­te Stre­cken ungreif­ba­ren Figu­ren trumpft. Der Zuschau­er bekommt hier eine span­nen­de Sto­ry, die unauf­gregt und ohne viel Action erzählt wird. Die edle Aus­stat­tung, die gran­dio­sen Kos­tü­me und der 1950er Jah­re Flair run­den den Film ab. Das krum­me Haus ist eine klas­si­sche Agatha-Christie-Adaption, die sich alt­mo­disch zeigt — und das funktioniert.

Das krum­me Haus star­tet am 29. Novem­ber 2018 in den deut­schen Kinos!

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