In den letzten Jahren zog sich Regisseur Steven Soderbergh aus dem Filmgeschäft zurück. 2017 erschien er mit “Logan Lucky” wieder auf der Bildfläche und jetzt ist er mit seinem brandneuen Psychothriller Unsane — Ausgeliefert zurück auf der großen Leinwand. Aber ist diese Rückkehr auch sehenswert?

Claire Foy als Sawyer Valentini in Steven Soderberghs Unsane.
Photo Credit: Fingerprint Releasing / Bleecker Street
Handlung:
Sawyer Valentine (Claire Foy “The Crown”) verlässt ihre Heimatstadt, um ihrer belastenden Vergangenheit zu entfliehen und beginnt einen neuen Job. Sie wurde zwei Jahre lang von einem Mann namens David Strine (Joshua Leonard) gestalkt. Dadurch trug Sawyer eine psychische Störung davon und sieht in jedem Mann das Gesicht ihres ehemaligen Peinigers.
Sawyer sucht eine Psychologin auf. Sie möchte mit der Expertin Termine vereinbaren, um endlich ihre neurotische Störung zu überwinden — allerdings nimmt Sawyer bei dem Gespäch kein Blatt vor den Mund und so beginnt ihr schlimmster Albtraum. Sie wird kurzerhand unfreiwillig in einer psychiatrischen Einrichtung festgehalten. Und dort trifft sie zu allem Überfluss auf ihren Stalker. Aber ist er real oder nur eine weitere Einbildung? Da anscheinend niemand bereit ist, ihr zu glauben und die Behörden ihr nicht helfen können oder wollen, muss sie sich mit ihren Ängsten direkt auseinandersetzen.
Unsane wurde mit einem iPhone gedreht — gute Idee?
Steven Soderbergh, der sich mit der Regie von Filmen wie “Traffic”, “Ocean’s Eleven”, “Erin Brokovich”, “Side Effects” und “Contagion” einen Namen gemacht hat, inszeniert seinen Psychothriller Unsane auf ungewöhnliche Art. Unsane wurde vom Regisseur höchstpersönlich komplett auf einem iPhone gedreht. Diese Vorgehsweise sorgte bereits vor Filmstart für Wirbel.
Es stellt sich die Frage weshalb ein Kinofilm mit einem Smartphone gedreht werden muss — sieht so die Zukunft der Filmemacher aus? Hoffentlich nicht! Es mag zwar für Filme, die über ein geringes Budget verfügen sinnvoll sein ein Smartphone statt Profi-Equipment zu verwenden, allerdings müssen dann visuell einige Abstriche gemacht werden. Denn ein Smartphone-Film sieht einfach nicht gut aus: Die Beleuchtung lässt zu Wünschen übrig und insgesamt ist der Look recht undefiniert, schlichtweg unprofessionell.

Die geschlossene Anstalt ist ein einsamer Ort…
© 2018 Twentieth Century Fox
Die Machart erinnert an einen Dokumentarfim. Der Film prangert die Methoden der US-amerikanischen Psychiatrien und Pharmaindustrien an, denn anscheinend ist es sehr einfach versehentlich in der geschlossenen Anstalt zu landen. Diese Kritik mit einem Doku-Look zu koppeln ist der einzige Grund, der die Benutzung des iPhones als einziges Aufnahmegerät rechtfetigt. Jedoch hätte eine Profi-Kamera dem Plot wohl kaum geschadet. Zumal die Kritik des Gesundheitssystems während der Story recht schnell im Sand verläuft. Ein derartiger Look sollte dementsprechend wohl eher Found-Footage-Filme vorbehalten bleiben — denn in dem Fall unterstützt es zumindest den Plot.

Ist Sawyer verrückt oder nicht?
© 2018 Twentieth Century Fox
Unsane: Spannend oder ermüdend?
Die Handlung von Unsane umfasst zwei Aspekte: Zum einen wird Sawyer in der Psychiatrie unfreiwillig festgehalten und offenbar erneut von ihrem Stalker verfolgt. Zum anderen wird harte Kritik am Gesundheitssystem geübt. Allerdings will keiner der beiden Plots richtig zünden. In einem derartigen Psychothriller ist der spannendste Aspekt herauszufinden ob die Hauptperson tatsächlich verrückt ist oder nicht. Mit diesem Element kann viel gespielt werden, bis zu dem Grad, dass der Zuschauer vollends verunsichert wird. Die Autoren von Unsane haben sich jedoch entschieden die Auflösung dessen bereits im ersten Akt zu präsentieren, was den Spannnungsbogen nicht unbedingt strafft.
Außerdem überwiegt zunächst die Kritik an den profitorientierten Methoden der Psychiatrien. Ein durchaus interessanter Aspekt, der jedoch nicht eingehend genug verfolgt, sondern zwischendurch wieder fallengelassen wird. Der Plot hätte sich auf ein Thema konzentrieren sollen, denn so wirkt er nur überladen und schafft es nicht die aufgeworfenen Problematiken vernünftig zu Ende zu führen — auch das hilft der Erhaltung der Spannung nicht. Darüberhinaus weist Unsane diverse logische Lücken auf und die vermeintlich schockierenden Twists sind äußerst konstruiert und rufen daher eher Unglauben statt Faszination hervor.

Zeit für Tabletten…
© 2018 Twentieth Century Fox
Der Film hat einige Schwächen, doch er hat auch ein Gutes: Claire Foy. Die “The Crown”-Darstellerin schafft es mit ihrer glaubwürdigen Performance den Film über weite Strecken zu tragen. Sawyer ist eine psychisch drangsalierte Frau, die aber weiß wie sie sich wehren kann und über einen herrlich schwarzen Humor verfügt. Sawyer ist zwar alles andere als ein Sympathie-Träger, doch Foy schafft es die Zuschauer an sich zu binden.
Fazit:
Unsane ist ein Psychothriller, der es nicht wirklich schafft Spannung aufzubauen. Das liegt zum einen an der schnellen Aufklärung der ‘Ist sie verrückt oder nicht?’-Frage und zum anderen an den störenden Logik-Lücken. Zudem sind einige Plotpoints und auch Twists einfach zu weit hergeholt um in einem realistisch angesetzten Thriller zu funktionieren. Der iPhone-Look ist außerdem eher ein Nach- als ein Vorteil — er sorgt lediglich für eine unnötig unsaubere Optik. Fans von Claire Foy kommen auf ihre Kosten, denn die Schauspielerin macht hier wirklich einen guten Job. Fans von nervenaufreibenden Psychothrillern werden jedoch enttäuscht.
Unsane startet am 29. März 2018 in den deutschen Kinos.